Detmold. (von Sven
Koch) Die Polizei hat ihr Schießkino wieder in Schuss gebracht.
Die Anlage am Detmolder Johannettental musste umfangreich
saniert werden und beherbergt nun die neueste Technik.
Dumpf krachen
die Schüsse aus der Dienstpistole Walther P99 in den Kapseln
des Gehörschutzes. Mit Überschall stanzen die Kugeln 15 Meter
weiter Löcher in die Zielscheibe, die ein Beamer auf die
Leinwand projiziert, bevor sie von einem Kugelfang aus Sand
gestoppt werden. Durch die Einschüsse, man könnte einen
kleinen Finger hindurch stecken, strahlt von hinten
Infrarotlicht, was vorne von einer Spezialkamera erkannt und in
einen Computer eingespielt wird. Die Software ermöglicht
blitzschnell das Erfassen der Schussdaten. Den persönlichen
Eindruck ersetzt sie nicht.
Deswegen
korrigieren Polizeihauptkommissar Axel Korf und
Polizeioberkommissar Dirk Morawietz: „Den linken Ellenbogen
höher zum Stabilisieren. Den Abzug langsam durchziehen, nicht
die Kugel rauspressen wollen - das macht die Waffe
alleine." Ein Blick auf die perforierte Leinwand und den
Hülsenhügel von 9x19 Millimeter-Patronen auf der rechten Seite
der Schießbahn bestätigt, dass am Hinweis der Schießtrainer
etwas dran ist.
Für einige
Monate mussten die rund 400 Polizisten der Kreispolizeibehörde
Lippe, die drei Mal jährlich zwei Stunden Schießtraining
nachzuweisen haben, nach Herford, Paderborn oder anderswo
reisen, um sich auf den dortigen Schießanlagen fit zu halten.
Nicht immer einfach zu koordinieren -aber das eigene Schießkino
im Johannettental verlangte nach Sanierungen, die nun allesamt umgesetzt worden sind.
Dazu zählen eine neue Belüftungsanlage, Brandschutzmaßnahmen
und eine aktuelle Technik mit neuer Software, die die Polizei
bei Schieß- und taktischem Training unterstützt.
Zum Beispiel
bei einer Routinekontrolle. Axel Korf fährt am PC das Video ab.
Der Beamer wirft es in Lebensgröße auf die Leinwand. Ein Wagen
fährt rechts ran. Der Fahrer steigt aus. Er zieht eine Pistole.
Er zielt auf den Polizisten. Er gibt auf und legt die Waffe
nieder. In jede Situation des Video-Clips kann Korf per
Mausklick eingreifen - je nach Reaktion des Polizisten läuft
die Handlung anders ab. Der Schießtrainer könnte die zu
überprüfende Person auch mit einer Schussverletzung am Boden
zusammenbrechen lassen. Das alles wirkt wie ein PC-Spiel mit
realen Schauspielern - mit dem Unterschied, dass hier scharf
geschossen wird und, dass ein Polizist schnell in ähnliche
Situation geraten kann: Immer wieder werden Polizisten bei
scheinbar harmlosen Kontrollen erschossen.
Ähnliche
Filmsequenzen simulieren Geiselnahmen - und mit der
Maschinenpistole wird auf größere Entfernung geübt, wo beim
Wild oder einem Bullen der Blattschuss anzusetzen ist. Dirk Morawietz: „Geht ein Bulle auf einem Schlachthof durch, sollte
man Abstand halten.“
An anderer
Stelle werden Situationen real trainiert. Dazu erklärt Axel
Korf, werden so genannte Blauwaffen verwendet, die wie
Paintball-Pistolen funktionieren und baugleich mit der
Dienstwaffe sind. In Schutzkleidung wird zum Beispiel ein
Familienstreit simuliert, in dem jemand eine Waffe zieht. Nun
heißt es für die Streifenwagen-Besatzung, richtig zu
reagieren. Was auch bedeuten kann, zu schießen. „Das ist sehr
effizientes Training", sagt Axel Korf.
Doch auf eines
könne man sich nicht verlässlich vorbereiten: dass das
Gegenüber nur eine Spielzeug- oder Schreckschusswaffe zieht.
„Die sehen so echt aus - das hält man nicht auseinander. Erst
recht nicht bei Dunkelheit und unter Stress", beschreibt
Korf. Und hier greift die Regel: Wer zur Waffe greift, riskiert,
dass auch gegen ihn eine eingesetzt wird.
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